Vereine und die Vereinsgemeinschaft Kalthof, Leckingsen und Refflingsen aus historischer Sicht

Hermann Klüting (Auszug aus seinem Beitrag in der Publikation Kalthof, Leckingsen, Refflingsen. Drei Dörfer im Spiegel der Zeit. 1987)

Vom alten Kalthof

In Stunden, die uns Feier bedeuten
Gedenken wir oft der vergangenen Zeiten
als unsere Väter noch schlicht und bescheiden
sich teilten des Dorfes Sorgen und Freuden;
das damals noch eng von Wäldern umsäumt
sein stilles, beschauliches Leben verträumt.
Es waren die alten glückseligen Zeiten,
als noch am Kleinen die Menschen sich freuten.

(Otto Menze, Schmiedemeister und Heimatdichter, Kalthof, geb. 3. Juli 1909 – gest. 24. April 1987)

Die Dörfer Kalthof, Leckingsen und Refflingsen, die sich aus den alten „Bauerschaften“ entwickelten, bilden seit geraumer Zeit eine Einheit. Man denke an gemeinsame Veranstaltungen sowie an Tätigkeiten in verschiedenen Vereinen.

1229
werden Leckinghusen (=Leckingsen) Refflinghusen (=Refflingsen) in den Urkunden des ehemaligen Klosters Herdecke, Staatsarchiv Münster, zum ersten Mal genannt. Kalthof oder „der Kalthof“, wie es verschiedentlich heißt, war eine märkische Domäne, gehörte also zur Grafschaft Mark.

1489
Herzog Johann von Cleve und Graf von der Mark bestätigt dem Amtmann von Schwerte, Evert von der Mark, die ihm von seinem Vorgänger zugestandenen Rechte und Privilegien, unter anderem auch „Logie… uyt unserm Kalthoven, gelegen tüschen Sweirte unt Yserenlon…“
(Märkische Registerbücher, Band 7, Hauptstaatsarchiv Düsseldorf)
Hier kommt erstmalig der Name Kalthof vor.
Leckingsen und Refflingsen dagegen gehörten zum Gebiet der Grafschaft Limburg.

1818
Für unsere drei Bauerschaften liegen in einer Erhebung von 1818 folgende Angaben vor:
Kalthof: 20 Häuser, 134 Einwohner, davon 8 Katholiken, 96 Lutheraner und 30 Reformierte.
Leckingsen: 26 Häuser, 135 Einwohner, davon 3 Katholiken, 92 Lutheraner und 40 Reformierte
Refflingsen: 19 Häuser, 204 Einwohner, davon 18 Katholiken, 170 Lutheraner und 16 Reformierte.
Damit war unsere Gegend durchweg evangelisch.

1846
wird die in Kalthof bestehende Privatschule in eine öffentliche umgewandelt.
In dem königlichen Edikt zur Einführung der allgemeinen Schulpflicht vom 28. September 1717 wird bestimmt: „Die Eltern sollen bei nachdrücklicher Strafe gehalten sein, ihre Kinder gegen je 1 Stüber Schulgeld wöchentlich, im Winter täglich und im Sommer, wenn die Kinder in der Wirtschaft nötig sind, wenigstens ein- oder zweimal wöchentlich zur Schule schicken.“
Die Schule (1847) – und einige Jahre später das Lehrerhaus – werden gebaut und bald der Benutzung übergeben.

1885
entsteht auch in Refflingsen ein Männergesangverein mit dem Namen Concordia Refflingsen.

1895
wird im Königreich Preußen eine allgemeine Gewerbezählung durchgeführt. Zu dem Ergebnis berichtet uns die Kalthofer Schulchronik folgendes:
„Fast alle Bewohner (Kalthofs) haben größeren oder kleineren Grundbesitz, daher wird viel Ackerbau betrieben; die kleineren Grundbesitzer betreiben nebenbei ein Handwerk, besonders Kettenschmiederei und Feilerei und anderes. An gewerblichen Anlagen hat Kalthof 2 Sägemühlen, 1 Mahlmühle und 2 Branntweinbrennereien.“

1900
1. 12. ergibt die Volkszählung folgendes Ergebnis:

Ort

Wohngebäude

Gewerbliche Betriebe

Öffentliche Gebäude

Einwohner

überh.

ev.

kath.

Kalthof

61

2

1

458

417

41

Leckingsen

25

258

230

28

Refflingsen

14

1

98

76

2

1905
4. 11. wird bei Wirt Karl Schulte am Neuen Hause die Freiwillige Feuerwehr Leckingsen gegründet.

1908
Nach langen Verhandlungen wird mit dem Bau der im Jahre zuvor staatlich genehmigten Eisenbahnlinie Schwerte- Iserlohn begonnen.

1910
Am 26. September kann die Eisenbahnstrecke abgenommen werden, und am 30. September, vormittags 11.30 Uhr, fährt dann der erste, mit vielen Ehrengästen besetzte Zug durch Kalthof.
„Das Alte stürzt, es ändert sich die Zeit“- dem Neuen mußte das Alte weichen. So sah man gut zwei Stunden nach Passieren des ersten Eisenbahnzuges, ebenfalls mit Ehrengästen besetzt, die letzte Postkutsche in Kalthof. Unter den Klängen des Liedes „Muß i denn, muß i denn…“ fuhr die von der „Gastwirtschaft zur Post“ (Griese, später Mark) in Richtung Schwerte weiter.

1.10. wird der Bahnbetrieb mit zehn Personenzugpaaren eröffnet

2.10. ist ein Sonntag und der Betrieb so groß, daß an der Kalthofer Station 716 Fahrkarten verkauft werden.Die Technische Dienstelle, heute Bahnmeisterei genannt, befand sich im übrigen im Hause Stuhldreher, Kalthof 63, heute Beile. Sie wurde geleitet von Heinz Bargmann, dem zwei Kolonnen von je 40 Streckenarbeitern unterstanden.

17.10. Das zweite freudige Ereignis des Jahres in Kalthof – das neue Schulgebäude wird seiner Bestimmung übergeben.

1911
3.11. Gründung des Turnerbundes Leckingsen.

1921
8.10. wird in Kalthof der Sportclub (später 13.1. 1923, Spiel- und Sportverein, Kalthof) gegründet. Der erste Sportplatz lag am Kommunalweg von Kalthof in Richtung Bertingloh, umgeben von Fichten- und Mischwald.

1922
wird in der Gaststätte Eckmann der Landwirtschaftliche Reiterverein Kalthof gegründet.

1926
Das „Rennpferd des kleinen Mannes“ gewinnt auch bei uns viele Freunde. So wird unter dem Vorsitz von Max Kuhlmann der Brieftaubenverein Fauna Leckingsen gegründet.

1927
wird bei Dröge am Neuen Hause der Gesangverein Sangeslust Leckingsen gegründet.

1947
Am zweiten Pfingsttag treffen sich die sechs Gesangvereine der Gemeinde Hennen zum ersten Pfingstsingen. Dies wurde die Geburtsstunde der Chorgemeinschaft der Gemeinde Hennen.

1950
1.-3.6. 800-Jahr-Feier der Gemeinde Hennen. An den Veranstaltungen im Festzelt wie auch an dem historischen Festzug beteiligen sich sämtliche Vereine der Gemeinde, somit auch die von Kalthof, Leckingsen und Refflingsen. Besonderen Beifall ernten unsere Turner am Samstagabend durch ihren Pyramidenbau. Die Bauerschaft Refflingsen demonstriert im Festzug, daß sie sich oft als das „5. Rad am Wagen“ behandelt fühlt.

1958
wurde der Tischtennis-Club Kalthof gegründet.

1959

Bauernschaft

Häuser

Haushalte

Personen

männl.

weibl.

ev.

kath.

versch.

keine

Kalthof

126

331

1132

547

585

847

259

20

6

Leckingsen

43

80

296

152

144

237

49

4

6

Refflingsen

32

53

196

94

102

161

30

4

1

201

464

1624

793

831

1245

338

28

13

1963
10.11. SSV Kalthof: Der neue Sportplatz an der Reithalle ist fertiggestellt.

1965
16.1. Die auf dem Kalthofer Schulgebäude neu erbaute Turnhalle wird eingeweiht.

1966
1. Adv. Einweihung der Jakobuskirche in Kalthof.

1968
14.11. Komplette Flutlichtanlage wird am Sportplatz „An der Reithalle“ in Betrieb genommen; zum großen Teil in Eigenarbeit erstellt.

1969
31.5. Weihbischof Dr. Paul Nordhues weiht nach vierzehnmonatiger Bauzeit die katholische Kirche in Kalthof. Sie erhält den Namen „St. Peter und Paul“.

1972
14.5. Für den katholischen Kindergarten wird der Grundstein gelegt.

1.7. Das Technische Hilfswerk (THW) in Kalthof, bisher ein Stützpunkt des Ortsverbandes Menden, wird selbständig. Aus diesem Anlaß findet eine Leistungsschau statt, um der Bevölkerung zu zeigen, was das THW darstellt und welche Aufgaben es hat.

1975
1.1. Durch das Gesetz der Kommunalen Neuordnung wird das Amt Ergste in drei Teile aufgeteilt.Die früheren Bauerschaften, nunmehr Dörfer, Kalthof, Leckingsen und Refflingsen werden zusammen mit den übrigen Ortschaften der Gemeinde Hennen zu einem Teil der neugegliederten Stadt Iserlohn.

1981
24.5. Unser ältester Verein, der Männerchor Kalthof, feiert sein 100jähriges Bestehen.Der Festakt findet in der Turnhalle Kalthof statt und ein Dorffest als Zeltfest am Sportplatz.

12. bis 13.6. Der SSV Kalthof veranstaltet erstmalig auf seinem Sportplatz „An der Reithalle“ ein Dorf- und Nachbarschaftsturnier für Ortsvorstände, an dem insgesamt 16 Abordnungen der verschiedenen Vereine teilnehmen. Sieger des Turniers wurde die gemeinsame Mannschaft der Kirchen, die damit den ersten Preis (100 Mark) gewann. Den Sonderpreis (30 Liter Bier) für die älteste Mannschaft erhielt der MGV „Sangeslust“ Leckingsen.

1985
27.4. Festakt zum 100jährigen Bestehen „Concordia Refflingsen“ in dem Vereinslokal Gastsstätte „Schäfer am Ufer“.

1986
Neujahrsempfang der Stadt Iserlohn in Hennen. Idee zur Gründung einer Vereins-Gemeinschaft Kalthof, Leckingsen und Refflingsen.

12./13.7. 75 Jahre Turnerbund Leckingsen. Jubiläumsveranstaltungen mit Ehrungen in der Turnhalle der Grundschule Kalthof und im Saal „Haus Dröge“.

1987
Großes Dorffest am Sportplatz in Kalthof und Buch „Kalthof, Leckingsen, Refflingsen. Drei Dörfer im Spiegel der Zeit.“ (Herausgeber Werner Beile, Paul Brinckmann, Werner Schubert, 1987) als Beitrag zum Stadtjubiläum Iserlohn – 750 Jahre.
Gleichzeitige Gründung der Vereinsgemeinschaft Kalthof, Leckingsen und Refflingsen.
Jubiläumsfeiern zum 100- bzw. 75jährigen Bestehen konnten inzwischen etliche Vereine in einem entsprechenden Rahmen begehen. Hier noch einmal die Übersicht der derzeitigen Vereine und Gruppierungen in den drei Ortsteilen Kalthof, Leckingsen und Refflingsen:

  • Landwirtschaftlicher Ortsverband Hennen und Umgebung (1866)
  • Männerchor Kalthof (1881)
  • Concordia Refflingsen (1885)
  • Freiwillige Feuerwehr Leckingsen (1905)
  • Turnerbund Leckingsen und Umgebung (1911)
  • Landwirtschaftlicher Reiterverein Kalthof (1922)
  • Spiel- und Sportverein Kalthof (1923)
  • Fauna Leckingsen (1927)
  • Sangeslust Leckingsen (1927)
  • Imkerverein Kalthof (1935)
  • Tischtennis-Club Kalthof (1958)
  • Evangelische Kirche: Jakobuskirche (1966)
  • Technisches Hilfswerk Iserlohn – Kalthof (1967)
  • Katholische Kirche: St. Peter und Paul – Kirche (1968)
  • Griechische Gemeinde (1970)
  • Katholischer Kindergarten (1973)
  • AWO Kindertagesstätte KalthofVereinsgemeinschaft Kalthof, Leckingsen und Refflingsen (1987)

Einige Gedanken zur Deutung des Namens „Kalthof“

Wilhelm Bleicher (Auszug aus seinem Beitrag in Kalthof, Leckingsen, Refflingsen – Drei Dörfer im Spiegel der Zeit, 1987)

Es gibt eine sinnvollere Deutung des Bestimmungswortes „Kalt“-. Zur Erläuterung und Einstimmung auf den weiteren Wortinhalt sei an das Beispiel „Kalte Heimat“ erinnert. Nach dem Kriege äußerten sich die Einheimischen den Flüchtlingen gegenüber mehr oder weniger ironisch mit den Worten, daß jene doch eben von „weit her“, vom „Ende der Welt“, eben von den östlichen Grenzprovinzen Deutschlands herkämen. Auch bei Such- und Fangspielen mit verbundenen Augen pflegen die Mitspieler den Suchenden durch die Distanzanzeiger „kalt“ und „warm“ zu dirigieren. Was „kalt“ ist, liegt weitab, beziehungsweise abseits.

Eine umfassende Untersuchung des kompetenten Nürnberger Professors Erwin Herrmann (1985) über Grenznamen und grenzanzeigende Begriffe in Nordostbayern hat den Beweis dafür erbracht, daß zahlreiche Orts- und Flurnamen mit dem Bestimmungswort Kalte-, Kalten-, Kalt- und so weiter Grenzbezeichnungen sind. So finden sich mehrfach an der Grenze nach Böhmen hin Namen wie „Kalter Baum“ oder „Kalte Staude“.

Andere Grenzen im Bereich der Oberpfalz werden durch Wörter wie „Kaltenmühle, Kaltenbrunn, Kaltenthal, Kaltenherberg“ und so weiter markiert. Im Sauerland gilt entsprechend die Grenzlage für „Kalte Eiche“ und „Kalthausen“.

Was ist nun mit der Anwendung dieses theoretischen Ergebnisses auf die „Koldhuave“ (Kalthowe), auf Kalthof? Die Heimatfreunde wissen es seit langem: Kalthof gehörte –zumindest seit dem Ende des 14. Jahrhunderts – nicht mehr zur Grafschaft Limburg. Aber es lag noch immer hart an der Grenze Limburgs.

Die alten Kalthofer Bürger haben noch vom alten Zollhaus auf ehemaligem Wulfringser (Amt Menden) Gebiet gehört, jetzt Einfahrt ins Kalthofer Industriegebiet „Zollhaus“.

Daß damit die „Koldhuave“, der Kalthof, als typischer märkischer Grenzhof in beengter Lage, auch im Hinblick auf das kurkölnische Sümmern, erkannt wurde, ist sicherlich jedem klar. Was spricht dann noch dagegen, bei der geographischen eher sonnigen Lage, den Wortinhalt Hof an der Grenze endlich zum Tragen kommen zu lassen? Damit wäre der Kalthof namentlich und faktisch als der märkische Grenzhof erkannt.

Zusammengestellt von Prof. Werner Beile, Januar 2004

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